Unscheinbar, aber ungemein wichtig Stadtradeln:

Wenige Kilometer nördlich von Wetzlar lässt sich mit dem Rad ein seltenes Biotop erreichen

Von Pascal Reeber

WETZLAR/HOHENAHR. Es ist im Lahn-Dill-Kreis einmalig und wird doch von den meisten Spaziergängern und Radfahrern übersehen: das Niedermoor bei Großaltenstädten. Ein Traum von einem Radweg führt zu dieser Perle der Natur in der Gemeinde Hohenahr.

Diese Tourenempfehlung ist kein Rundkurs, dafür aber ein Paradebeispiel für die Vereinbarkeit von Bahn und Rad: Der Besuch am Niedermoor beginnt am Bahnhof in Ehringshausen und endet am Bahnhof in Wetzlar – ist also auch für Radler aus der weiteren Umgebung gut zu fahren.

Im Juli 2018 war die Tour Teil der Reihe „Heimat Erfahren“ von dieser Zeitung und dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub. Damals wie heute kann die Empfehlung zur Anreise nach Hohenahr nur eine sein: durchs Lemptal.

Denn der ebene, großteils asphaltierte Weg, der von Ehringshausen über Kölschhausen, Nieder- und Oberlemp bis nach Großaltenstädten verläuft, ist ein Genuss. Was sich zum Beispiel daran zeigt, dass zwischen dem Start an der Dill und dem Ziel auf dem Berg 150 Meter Höhenunterschied liegen, der Weg aber nie bergauf führt – gefühlt jedenfalls nicht. Klar geht es bergauf. Aber eben so sanft, dass es nicht auffällt.

Ober erwartet Radler neben viel Landschaft auf dem Hochplateau ein sehenswerter und seltener Lebensraum. Seit 2010 betreut die Naturlandstiftung Lahn-Dill das rund einen Hektar große Niedermoor – und das aus gutem Grund. Es gibt nämlich kaum noch Moore in Europa, weil der Mensch diese Flächen zur Urbarmachung trocken gelegt hat.

Niedermoore bilden sich in Hangmulden, wo sich Wasser sammelt. Das Wasser stammt nicht aus Niederschlag, es tritt auch in Großaltenstädten an mehreren Stellen aus dem Boden – nicht punktuell, sondern großflächig. Die Feuchtigkeit sammelt sich in der Mulde am Fuß des Hanges und schafft dort das Feuchtgebiet – jedenfalls, wenn es keine Entwässerung gibt.

Für die Naturlandstiftung ist das Niedermoor wichtig, weil es eine Lücke schließt: „Wir wollen alle Habitate, die in Mitteleuropa vorkommen, in unserem Spektrum haben“, sagt der Vorsitzende Horst Ryba. Das Niedermoor gehört dazu.

„Moor“, das klingt erst mal gefährlich. Doch Angst, beim Besuch des Biotops zu versinken und als Moorleiche zu enden, muss kein Besucher haben. Zum einen bittet die Stiftung, die Fläche nicht zu betreten. Zum anderen könnte auch niemand untergehen, das Moor ist nur einen halben Meter tief.

Wer will, fährt nach dem Moorbesuch durchs Lemptal zurück. Mit der Schleife über Hohensolms und der Abfahrt nach Wetzlar aber ist diese Tour kompletter. Eine saftige Abfahrt gehört einfach dazu.

Unscheinbar, aberungemeinwichtig: BiologeKlaus Schmidtim, Niedermoor-Biotopbei Großaltenstädten. Archivfoto:Pascal Reeber

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